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Verantwortung zu stehlen.
Da der Begriff des Karma offenbar in die Alltagssprache eingegangen
ist, dürfte es sinnvoll sein, einen Blick auf seine Bedeutung zu werfen. Das
Wort stammt aus dem Sanskrit und heißt »Tat« oder »Handlung«. Es
bezeichnet eine aktive Kraft, in dem Sinn, daß der Verlauf zukünftiger
Ereignisse von unseren heutigen Handlungen beeinflußt werden kann.
Anzunehmen, das Karma sei so etwas wie eine unabhängig existierende
Energie, die den Verlauf unseres ganzen Lebens bestimmt, ist schlicht
falsch. Wer erschafft das Karma? Wir selbst. Was immer wir denken,
sagen, anstreben, tun oder unterlassen wir erschaffen Karma. Während
ich jetzt zum Beispiel schreibe, erschafft die bloße Handlung neue
Bedingungen und verursacht irgendein anderes Ereignis. Meine Worte
erwecken eine Reaktion im Kopf des Lesers. Bei allem, was wir tun, gibt es
Ursache und Wirkung, Ursache und Wirkung. Wenn wir essen, wenn wir
arbeiten, aber genauso, wenn wir uns entspannen, immer haben wir es mit
den Auswirkungen von Handlungen zu tun: unseren Handlungen. Das ist
Karma. Wir können daher nicht einfach resignierend die Hände zum
Himmel strecken, wenn wir uns einem unvermeidbaren Leid
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gegenübersehen. Wenn wir alle Widrigkeiten einfach dem Karma anlasten,
dann ist das genauso, als würden wir uns völliger Hilflosigkeit ergeben.
Aber wenn das so wäre, dann hätten wir keinerlei Grund zur Hoffnung und
könnten ebenso gut gleich für das Ende der Welt beten.
Mit dem richtigen Verständnis von Ursache und Wirkung erkennt man,
daß wir nicht nur nicht hilflos sind, sondern im Gegenteil sehr viel tun
können, um das Erleben unseres Leidens zu beeinflussen. Alter, Krankheit
und Tod sind unausweichlich, doch was die Qualen durch negative
Gedanken und Gefühle angeht, so können wir zweifellos frei entscheiden,
wie wir darauf reagieren. Wir können zum Beispiel weniger gefühlsbetont
und dafür mehr vom Kopf her an sie herangehen und unsere Reaktion auf
diese Weise in den Griff bekommen. Andererseits können wir uns über
unser Mißgeschick auch einfach nur grämen. Das ist allerdings frustrierend
und läßt blockierende Gefühle entstehen, so daß unser Seelenfrieden dahin
ist. Wenn wir unsere Neigung, auf Leid negativ zu reagieren, nicht zu
beherrschen lernen, dann bringt sie weitere negative Gedanken und
Empfindungen hervor. Es besteht also eine deutliche Beziehung zwischen
dem Einfluß, den das Leid auf unser Herz und unseren Geist hat, und
unserer Ausübung innerer Disziplin.
Je nachdem welche Grundhaltung wir dem Leiden gegenüber
einnehmen, erleben wir es völlig unterschiedlich. Stellen Sie sich etwa zwei
Menschen vor, die beide an derselben tödlichen Krebsart erkrankt sind. Der
einzige Unterschied zwischen den beiden besteht in ihrer Einstellung dazu.
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Der eine begreift die Krankheit als etwas, das man akzeptieren und
möglichst als Anlaß zur Entwicklung innerer Stärke nehmen muß. Der
andere schaut dagegen mit Angst, Verbitterung und Sorgen in die Zukunft.
Obwohl diese beiden nun rein medizinisch betrachtet in etwa dasselbe
erdulden müssen, besteht in ihrer tatsächlichen Leidenserfahrung ein
beträchtlicher Unterschied. Denn der zweite Patient muß neben dem
körperlichen zusätzlich noch sein inneres Leid ertragen.
Daraus kann man schlußfolgern, daß das Ausmaß, in dem das Leid uns
zu schaffen macht, weitgehend von uns selbst abhängt. Daher ist es von
größter Bedeutung, daß wir bezüglich unserer Leidenserfahrung die richtige
Einstellung entwickeln. Wenn wir ein bestimmtes Problem aus der Nähe
der direkten Betroffenheit betrachten, dann füllt es unser gesamtes Blickfeld
aus und wirkt riesengroß. Schauen wir es uns dagegen aus einer gewissen
Distanz an, dann sehen wir es ganz von selbst in Relation zu anderen
Dingen. Dieser einfache Schritt macht einen gewaltigen Unterschied aus.
Er läßt uns erkennen, daß selbst eine vielleicht wirklich tragische Situation
noch zahllose Aspekte besitzt und auf viele verschiedene Weisen
angegangen werden kann. Eine Situation, die in wirklich jeder Hinsicht nur
negativ ist, läßt sich kaum, wenn überhaupt, finden.
Wenn uns ein Unglück oder etwas Tragisches widerfährt, was mit
Sicherheit immer wieder der Fall sein wird, dann kann es sehr hilfreich sein,
wenn wir es mit einem anderen Vorfall vergleichen oder uns an eine
ähnliche oder noch schlimmere Situation erinnern, in die wir oder jemand
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anderes einmal geraten sind. Falls es uns gelingt, unseren Blick von uns
weg und auf andere zu richten, dann erleben wir ein Gefühl der Befreiung.
Wenn wir uns mit unseren Sorgen zu sehr auf uns selbst konzentrieren,
dann setzt ein Prozeß ein, der unser Leid noch zusätzlich vergrößert. Wenn
es uns dagegen gelingt, sie im Vergleich zum Leiden anderer zu betrachten,
dann erkennen wir bald, daß sie gar nicht so unerträglich sind. Dadurch
können wir unseren Seelenfrieden viel leichter bewahren, als wenn wir uns
nur auf unsere eigenen Probleme konzentrieren und alles übrige außen vor
lassen.
Was mich selbst angeht, so besteht zum Beispiel meine spontane
Reaktion auf schlechte Neuigkeiten aus Tibet, die leider ziemlich oft
eintreffen, in großer Trauer. Doch indem ich sie in einen größeren
Zusammenhang stelle und mich daran erinnere, daß sich letzten Endes die
elementare Ausrichtung des Menschen auf Zuneigung, Freiheit, Wahrheit
und Gerechtigkeit durchsetzen muß, gelingt es mir, damit einigermaßen
zurechtzukommen. Die Gefühle hilfloser Wut, die nichts anderes
vollbringen, als den Geist zu vergiften, das Herz zu verbittern und den
Willen zu schwächen, tauchen bei mir selbst auch nach den schlechtesten
Neuigkeiten nur selten auf.
Es lohnt sich auch, sich ins Gedächtnis zurückzurufen, daß man in
Zeiten größter Schwierigkeiten oft am meisten an Weisheit und innerer
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