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alte Kaufmann ganz irre ward.
»Hör' an! Joseph, du weißt recht gut, daß meine Töchter
zehn Jahre auseinander sind. Virginie ist nicht schön,
aber sie soll keine Ursache haben, sich über mich zu be-
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schweren, je nun, vielleicht wird noch mal was daraus,
wo nicht, muß man denn just ein Seladon sein, wenn man
heiratet? Nun! Nun! Du weißt, meine Frau ist religi-
ös; hör', mein Sohn, geh mit ihr zur Kirche und reiche
Augustinen deinen Arm.«
Joseph küßte seinem Prinzipal inbrünstig die Hand, die-
sem aber war es nicht so wohl ums Herz wie seinem
Handlungsdiener. »Was wird Madame Guillaume dazu
sagend fragte er sich und wußte keine bündige Antwort
darauf.
Beim Frühstück ward Joseph von Madame Guillaume
freundlich empfangen; sie wagte sogar einige Scherze
über seine Verlegenheit, die ihr übrigens sehr wohl ge-
fiel, weil sie sie für Schamhaftigkeit hielt. Herr Guil-
laume legte sich aber sogleich ins Mittel, verbat sich alle
Anspielungen auf das zukünftige Verhältnis und befahl
dem Handlungsdiener, seiner jüngeren Tochter den Arm
zu reichen, um sie zur Kirche zu führen. Auch darin
wollte Madame Guillaume nur Anstalten erkennen, die
der Anstand erforderlich machte.
Unterwegs erzählte Joseph der schönen Augustine viel
von den Vorteilen des Kaufmannsstandes, bis sie die Kir-
che betraten und die Mutter wieder ihre Rechte geltend
machte. Virginie mußte sich zu Joseph und Augustine zur
Seite ihrer Mutter setzen.
Der Gottesdienst begann, und nur Augustine nahm wenig
teil an der allgemein verbreiteten Andacht. Eine Gestalt
hinter einem Pfeiler zog ihre ganze Aufmerksamkeit auf
sich; es war der junge Maler, der keinen Blick von sei-
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nem schönen Ideale, das ihm einen seltenen Preis ge-
wonnen, und das er als schöneren Preis zu gewinnen
dachte, wandte.
Augustinens seltene Unruhe fiel der Mutter endlich auf:
sie folgte mit ihrer Brille Augustinens verstohlenen Bli-
cken, sah die anmutige Jünglingsgestalt hinter dem Pfei-
ler sehnsüchtig nach ihrer Tochter spähen.
»Augustine!« rief sie, »was soll ich von dir denken? Daß
du dich nicht wieder unterstehst, die Augen vom Gebet-
buch zu erheben, sonst hast du es mit mir zu tun. Nach
der Messe werde ich und der Vater ein Wörtchen mit dir
reden.«
Diese Worte waren ein Donnerschlag für das arme Kind.
Sie fühlte sich mitten in der Kirche beschämt: Tränen
perlten aus ihren Augen auf das Gebetbuch. Sie hatte
keinen Mut mehr, weder zu beten, noch das Auge wieder
aufzuschlagen.
Der junge Maler wußte nicht, wie ihm geschehen war, da
kein einziger Blick seiner Angebeteten ihn ferner traf.
Endlich glaubte er, die Ursache zu entdecken, die falsche,
schimmernde Brille der Nachbarin Augustinens wandte
sich stets nach ihm hin; voll Unmut verließ der Jüngling
die Kirche, aber seine Leidenschaft hatte eine Höhe er-
reicht, daß er entschlossen war, um jeden Preis sich seine
Geliebte zu erwerben.
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»Geh auf dein Zimmer,« sprach Madame Guillaume bei
ihrer Nachhausekunft zur jüngeren Tochter, »bis du geru-
fen wirst. Vor allem aber untersteh dich nicht, einen Fuß
über die Schwelle zu setzen.«
Beide Familienhäupter ließen sich hierauf in eine Unter-
redung ein, sie ward sehr heimlich geführt. Augustine
zitterte. Virginie aber, von tausend süßen Hoffnungen
belebt, tröstete ihre Schwester. Sie schlich sich hinab, um
an der Tür des Konferenz-Zimmers zu lauschen. Lange
konnte sie nichts von den leise gewechselten Reden ver-
stehen, endrief aber Herr Guillaume ungeduldig: »Aber
Mutter, willst du denn dein Kind umbringen? und Virgi-
nie eilte zu ihrer Schwester zurück und sagte: »Beruhige
dich, Augustine, der Vater nimmt deine Partei.«
Von neuem machte sie sich ans Lauschen, aber diesmal
eilte sie nicht so froh und leicht zu ihrer Schwester zu-
rück. Die Eheleute waren heftiger geworden und redeten
lauter, und Vlrginie vernahm, daß Joseph nicht sie, son-
dern seine Schwester liebte.
So war denn nun mit einem Male der Friede in dem sonst
so stillen Hause gänzlich zerstört, einer wollte nicht wie
der andere. Augustine weinte, Virginie klagte über
Kopfweh, Joseph wußte nicht, was er anfangen sollte, die
Mutter keifte, und der Vater zuckte über alles die Ach-
seln.
Endlich erschien Augustine zitternd und mit verweinten
Augen vor ihren Eltern. Offenherzig erzählte sie ihre
ganze Liebesgeschichte: wie der junge Maler sie abends
von der Straße aus bei Tische sitzen gesehen und von der
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Zeit an sich stets bemüht habe, sie wiederzusehen; wie
sie ihn im Louvre getroffen, und wie er von der Zeit an
ihr Briefchen hatte zukommen lassen, die seine redlichen
Absichten und sein gutes Herz hinlänglich verbürgten.
Sie zeigte die Briefe, der Maler hieß Heinrich Sommer-
vieux, war von adligem Herkommen, und sein Pinsel
hatte ihm große Reichtümer verschafft.
»Und du willst einen Maler heiraten?« schrie die Mutter.
»Ich wäre sehr unglücklich,« versetzte das arme Kind,
»wenn Ihr mich zwingt, einen anderen zu nehmen.«
»Liebe Frau!« nahm Herr Guillaume das Wort, »ich
dächte, du wolltest mir es überlassen, diesen Handel zu
schlichten. Liebes Kind,« fuhr er, zu seiner Tochter ge-
wendet, fort, »diese Künstler sind gewöhnlich Hunger-
leider; ich habe deren genug gekannt, Joseph Verriet,
Lekain, Noverre, alle stehen noch in meinem Buche,
wüßtest du, was sie deinem Vater für Streiche gespielt!
Diese alle, liebes Kind, waren Leute von gutem Her-
kommen.«
»Das ist aber auch Heinrich von Sommervieux, seine
Eltern führten sogar vor der Revolution den Grafentitel.«
Bei diesen Worten blickte Herr Guillaume auf seine Ehe-
hälfte, die aber ungern in ihren Ansichten sich widerspre-
chen hörte, und sagte:
»Wahrhaftig! gegen deine Töchter bist du so schwach,
daß man glauben möchte «
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Das Rollen eines Wagens, welcher vor der Tür anhielt,
unterbrach ein Gespräch, das anfing, sehr heftig zu wer-
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